Alles hängt an einem Seil
#mehralskohleAlles hängt an einem Seil36 Jahre Bergmann, davon 30 bei der Grubenwehr, verschiedenste Zechen. Der Oberhausener Rüdiger Schürken ist eine Verkörperung des Bergbaus.
Eine Multimedia-Reportage von Gerd Wallhorn (Fotos und Videos), Christina Vennemann (Audio) und Sebastian Bauerschäfer (Text)
Schmerztiegel unter Tage
Leicht bekleidet steigt er in das enge Rohr. Auf den Ellenbogen und Knien kommt Rüdiger Schürken dabei nur langsam voran.
Das Hemd ist durchnässt, unter dem Helm läuft der Schweiß vorbei an seiner Maske.
Zentimeter für Zentimeter arbeitet sich der Bergmann so vorwärts, immer weiter rein in den Backofen – die Gluthitze unter Tage ist hier kaum zu ertragen, aber es hilft nichts: Er muss zur Schleuse!
Das Hemd ist durchnässt, unter dem Helm läuft der Schweiß vorbei an seiner Maske.
Zentimeter für Zentimeter arbeitet sich der Bergmann so vorwärts, immer weiter rein in den Backofen – die Gluthitze unter Tage ist hier kaum zu ertragen, aber es hilft nichts: Er muss zur Schleuse!
Schwarze Stille
Als Schürken die schwere Tür endlich aufgedrückt hat, steht er im absoluten Schwarz. Seine Ohren sind wie mit Watte ausgestopft, kein Geräusch ist zu hören; nur sein Herz schlägt ihm bis zum Hals.
Dann, nach unendlich langen Minuten, kriecht sein Grubenwehr-Kumpel aus dem heißen Loch. Die Werte im Schacht sind zwar nicht in Ordnung, „aber direkte Gefahr bestand damals nicht“, sagt Rüdiger Schürken heute. „Doch diesen Tag werd ich nie vergessen.“
Dann, nach unendlich langen Minuten, kriecht sein Grubenwehr-Kumpel aus dem heißen Loch. Die Werte im Schacht sind zwar nicht in Ordnung, „aber direkte Gefahr bestand damals nicht“, sagt Rüdiger Schürken heute. „Doch diesen Tag werd ich nie vergessen.“
Nie bereut
Bereut hat der 71-Jährige Oberhausener seine Zeit unter Tage nie. Zeche Sterkrade, Jacobi, Osterfeld und zum Ende hin Lohberg: 36 Jahre Bergmann, davon 30 bei der Grubenwehr – Bergbau wird bei Familie Schürken Teil des Erbguts.
Die Pütt im Blut
Schon Vater, Großvater und Urgroßvater sind auf der Pütt. „Und ich war auch immer der Schmutzigste im Sandkasten“, erklärt der Rentner und lehnt sich entspannt auf seinem Sofa zurück, bevor er herzlich lacht.
Nicht Aberglaube, sondern Menschen
Das kleine Haus in Klosterhardt hat er mit seinen eigenen Händen gebaut. Im dunklen Wohnzimmer mit der Massivholzanbauwand zeugen noch jede Menge Grubenlampen, eigene und gekaufte davon, was diese Familie seit Generationen ausmacht.
Überm Fernseher wacht stilecht Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, hier aus Holz. „Wirklich große Katastrophen sind mir Gott sei Dank erspart geblieben“, sagt Rüdiger Schürken. Doch im Notfall war er es eben kein Aberglaube, der Hilfe leistete, sondern Menschen wie er, die den Kumpel bis heute helfen.
Überm Fernseher wacht stilecht Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, hier aus Holz. „Wirklich große Katastrophen sind mir Gott sei Dank erspart geblieben“, sagt Rüdiger Schürken. Doch im Notfall war er es eben kein Aberglaube, der Hilfe leistete, sondern Menschen wie er, die den Kumpel bis heute helfen.
Gemeinschaft
Als die Zeche neue Leute für die Grubenwehr sucht, meldet sich Schürken. Fortan ist er nur einen halben Tag unter der Erde und nachmittags zu Hause. Den Zusammenhalt der Kumpel untereinander, das Gemeinschaftsgefühl lernt er aber schon in der Jugend kennen. „Alles hängt an einem Seil“ habe ihm sein Lehrer in der Ausbildung bereits mitgegeben.
So und nicht anders
Unter Tage sei dazu stets Kreativität und Improvisation gefragt. „Wenn du einfährst, musst du halt oft erstmal friemeln, damit irgendwas wieder funktioniert“, erinnert sich Schürken. Aber die Bereitschaft bei Leerlauf etwas zurecht zu basteln habe stetig nachgelassen.
"Irgendwatt hat sich dann geändert.“ Wenn er nochmal von vorne anfangen könnte, würde Rüdiger Schürken allerdings alles genauso machen.
"Irgendwatt hat sich dann geändert.“ Wenn er nochmal von vorne anfangen könnte, würde Rüdiger Schürken allerdings alles genauso machen.
Technologischer Höhepunkt
„Der lange Abschied der Kohle geht mir schon unter die Haut. Warum nicht eher?“, fragt der 71-Jährige. Schließlich gehe der Bergbau nun auf seinem „technologisch gesehenen“ Höhepunkt.
Von der BRD in die Welt?
Der deutsche Bergbau sei der sicherste auf der ganzen Welt und das könne auch gut verkauft werden – nach China, Australien und andere Länder, wo weiterhin abgebaut wird. „Da man die Technik aber bald gar nicht mehr im Betrieb zeigen kann, ist das leider nicht möglich.“
Das Projekt
Konzept und Koordination: Linda Heinrichkeit, Ralf Laskowski, Johannes Pusch, Gianna Schlosser
Redaktionelle Umsetzung: Linda Heinrichkeit, Daniel Helbig, Johannes Pusch, Gianna Schlosser
Mitarbeit: Andrea Donat, Ingo Knosowski, Oliver Schäfer, Dana Schmies, Philipp Wahl
Redaktionelle Umsetzung: Linda Heinrichkeit, Daniel Helbig, Johannes Pusch, Gianna Schlosser
Mitarbeit: Andrea Donat, Ingo Knosowski, Oliver Schäfer, Dana Schmies, Philipp Wahl
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Alles hängt an einem Seil
Schmerztiegel unter Tage
Schwarze Stille
Nie bereut
Die Pütt im Blut
Nicht Aberglaube, sondern Menschen
Keine Sonderstellung, aber besonders.
"Datt will ich machen!"
Gemeinschaft
So und nicht anders
Technologischer Höhepunkt
Von der BRD in die Welt?
Das Projekt